Warum es Sinn macht, auf der Sonnenseite des Lebens zu sein, wie ihr damit erfolgreicher werdet und was ihr konkret dafür tun könnt.
Ich liebe Kalifornien und die Mentalität der Kalifornier. Von 2013-2015 haben wir mit der ganzen Familie in San Diego – „America’s finest city“ – gelebt.
Die ersten paar Wochen kam ich kaum klar vor lauter Freundlichkeit („OMG – I LOVE your dress“; „How CUTE is the baby..“; „Thank you for shopping at Vons – and have a WONDERFUL weekend“). Aber irgendwie wirkt das ansteckend, denn ungewollt zauberte jeder freundliche Spruch mir dann doch ein Lächeln auf die Lippen, auch wenns vielleicht nur oberflächlich gemeint war.
Peu-à-peu also habe ich mich angepasst, und war plötzlich auch zum oberflächlichen Kalifornier geworden. Zu einem ziemlich glücklichen, zufriedenen aber; ich hatte zudem in kürzester Zeit viele Bekanntschaften und sogar einige Freundschaften geknüpft. Die zwei Jahre in San Diego waren „the best days of my life“. Zurück in Deutschland kam ich ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen, als ich auf ein freundliches „Hallo“ von meinem Gegenüber in der Bahn nur ein schroffes „Kennen wir uns..??“ erntete.
KULTUR DES JAMMERNS
Oberflächliches Geplänkel ist in Deutschland verpönt; warum, das weiß kein Mensch. Denn im Endeffekt macht das California Prinzip so mega viel Sinn und ist bei genauerem Hinsehen unter die Oberfläche nämlich gar nicht so oberflächlich.
Die Kultur des Jammers ist bei uns weit verbreitet. Der Kollege zu langsam, der Chef zu unfähig, die Lebensmittel zu teuer, die Mitarbeiter zu unzuverlässig, die Kinder zu anstrengend, die Jugend zu frech. Was die typischen Jammerer leider seltenst checken: Eigentlich schaden sie sich damit nur selbst. Jammern kann eine Art der (negativen) Komfortzone sein, in der es sich der Eine oder Andere sehr gemütlich eingerichtet hat. Völliger Schwachsinn, denn Jammern ist die dümmste Reaktion auf Probleme; viel Besser ist es, etwas zu ändern an seiner Situation, denn das funktioniert immer. Hier nehme ich beispielsweise auch uns Frauen nicht aus: „Wir haben es so schwer, wie soll ich denn mit Kindern noch Karriere machen, wenn sich mein Arbeitgeber/die Gesellschaft nicht darum kümmert?“ Besser: Sich engagieren, Vorbild sein, sich zusammentun, fordern.
FREUNDLICHKEIT BESCHERT KONTAKTE
Ich gehe aber noch einen Schritt weiter; wir sollten nicht nur aufhören zu jammern, sondern explizit noch freundlicher sein, noch mehr positive Stimmung verbreiten; eben genau so wie es die Kalifornier tun. Es gibt tausende von Studien über die Auswirkung eines Lächelns auf Wohlbefinden, Körper, Gesundheit, Erfolg. Also was spricht dagegen, öfter mal SO RICHTIG freundlich zu sein? Im Service etwa – ich liebe es in Restaurants oder Läden zu gehen, wo man immer nett begrüßt wird und komme dann auch gerne wieder. Denn ich fühle mich dadurch gut. Und noch viel besser fühlt man sich, wenn man jemandem anderen etwas Schönes sagt, und man sich dann gut fühlt weil der andere sich gut fühlt.
Außerdem vermittelt eine solche Verhaltensweise den Kontakt zu Menschen, mit welchen man sonst vielleicht nie in Kontakt gekommen wäre. Beispiel: Dieser eine Kollege parkt jeden Morgen zur gleichen Zeit neben dir im Parkhaus und fährt dann in den selben Stock, Nachbargang. Bonn: Man knurrt sich maximal ein „Morgen“ zu und geht ins Büro. San Diego: Nach der dritten Begegnung kommt man ins Gespräch („..auch ein Early Bird, hm?“) und von da an kennt man sich. Man tauscht sich aus, geht hier und da mal lunchen, weiß was abgeht in der Nachbarabteilung. Wenn man auf der Suche nach einem neuen Job ist, kann der mittlerweile gute Bekannte vielleicht sogar weiterhelfen. Mit ein bisschen initialer, kalifornischer Oberflächlichkeit hat man also sein Netzwerk erweitert.
MEHR KOMPLIMENTE
Ein anderes Beispiel: Wie oft denkt man bei anderen Frauen (oder sogar Männern ? ) „Wow, tolles Kleid/Schuhe/Outfit!“ – und wie oft spricht man das laut aus? Ich ertappe mich dabei, das sogar bei Freundinnen nicht mal zu sagen, einfach weil wir es hier so gewohnt sind. Dabei gibt es nichts Schöneres, als Komplimente zu bekommen, egal von wem. Eine Mom hat mich mal beim Sport auf meine coolen Nikes angesprochen, wir wurden Freundinnen und sind noch heute in engem Kontakt.
Wir verschenken uns also NICHTS, wenn wir das California Prinzip regelmäßig anwenden!
OBERFLÄCHLICHKEIT GEGEN NEGATIVE STIMMUNG
Es funktioniert übrigens auch in die andere Richtung, nämlich das Kaschieren von Negativem. Ich werde jetzt nicht dafür plädieren, immer alles hinzunehmen und mit einem künstlichen Dauergrinsen durch die Welt zu gehen, wenn man sich eigentlich hundeelend fühlt. Aber meist lohnt es sich gar nicht über kleine Ärgernisse aufzuregen. Man verschwendet seine Energie und versetzt sich in schlechte Laune. Hier ist es so hilfreich, das einfach zu überspielen; das Tolle daran ist, dass man es dann meist selbst vergisst, wenn man durch die Gesellschaft anderer gezwungen ist, wieder fröhlich zu sein.
Ich habe es in den letzten Jahren immer wieder ausprobiert und es funktioniert. Man ist glücklicher, wenn man sich in die negativen Dinge des Lebens nicht hineinsteigert. Beispiel: ein Auto parkt auf einer vielbefahrenen, engen Straße so, dass ich mit dem Kinderwagen nicht vorbeikomme. Ich kann mich darüber mega aufregen, bin dann kurz davor, die Polizei zu rufen. Ich kann mich aber auch kurz ärgern, vorsichtig über die Straße um das Auto herum laufen, und mich wieder meinem Hörbuch widmen.
Im beruflichen Umfeld habe ich dazu zwei Erfahrungen gemacht:
1. Kollegen und Chefs, welche kontinuierlich freundlich sind, welche auch mal fragen „Wie geht’s dir?“, wirken so viel professioneller, mächtiger, stärker, respektwürdiger. Der cholerische Chef ist mega out, wahre Stärke ist es, sich im beruflichen Umfeld zusammenreißen zu können und die Contenance zu wahren.
2. Unfreundlichkeit und Zurückhaltung zeugen meist von hoher Unsicherheit. Wer also offen auf andere Menschen zugeht, wirkt von vorneherein viel erfolgreicher, alleine durch das damit verbundene selbstbewusste Auftreten.
DAS CALIFORNIA PRINZIP
All das kann man lernen! Es mag sich manchmal oberflächlich anfühlen, und in einigen Fällen wird es sogar auch mal oberflächlich sein. Doch SO WHAT? Wenn mein Umfeld und ich sich dann besser fühlen und nur Positives dabei rum kommt, spricht ja schließlich nichts dagegen.
Wie fängt man nun am besten an?
– GRÜSSEN. Wie man es als Kind gelernt hat. Wenn einem jemand auf der Straße begegnet, senkt man nicht schnell den Kopf, sondern geht aufrecht weiter, schaut sich für 1-2 Sekunden in die Augen und sagt „Guten Morgen/Guten Tag/Hallo“. Auch in der Stadt! Ich praktiziere das jeden Morgen beim spazieren gehen und viele Menschen sind immer noch erstaunt, wenn ich sie grüße. Funktioniert übrigens auch im Job.
– LOBEN. Und zwar dich selbst, deine Mitarbeiter, Kinder, Kollegen, Freunde. Hierbei kannst du gemäß dem California Prinzip gerne auch mal ein bisschen überschwänglich werden – kommt garantiert gut an! (Z.B. statt „Ah, neue Hose.“ „Wow, die Hose sieht toll aus und bringt deine schlanken Beine super zur Geltung!“).
– PERSPEKTIVE WECHSELN. Wenn man zu einer Veranstaltung kommt, wo man keinen kennt, fällt es manchmal schwer ins Gespräch zu kommen (in Deutschland). Was hilft, den Schweinehund zu überwinden: Sich kurz in die Perspektive des anderen versetzen, spätestens dann wird einem klar, dass der andere wahrscheinlich auch niemanden kennt und sich liebend gerne mit dir unterhält. Man kann ihn also einfach ansprechen.
Das gilt auch für Negativerlebnisse. Die Erzieherin in der Kita pampt mich morgens wegen einer Kleinigkeit an. Statt mich mächtig aufzuregen, kann ich mir auch einfach überlegen, dass es für sie grade ziemlich schwierig ist, denn alle anderen sind krank, sie muss den Laden heute mit einem Praktikanten alleine schmeißen, und das noch zu einem Gehalt das wahrscheinlich nur einem Bruchteil von meinem eigenen entspricht.
– ÜBERSPIELEN: Schlechte Laune und Ärger überspielen, sich zwingen trotzdem freundlich zu sein. So kommt man im Leben 1000 Mal besser klar, als sich in Stress und Ärger hineinzusteigern und damit bei sich und anderen für schlechte Stimmung zu sorgen, sich nicht konzentrieren zu können und sogar noch schlecht zu performen.
– DAS GUTE FOKUSSIEREN: Es gibt wenige Menschen auf der Welt, die wirklich bösartig sind oder uns schaden wollen. Ich versuche immer auf die guten Eigenschaften der anderen zu achten, mir diese vielleicht sogar abzuschauen und die schlechten zu ignorieren, den meist schaden diese mir gar nicht.
Das alles ist weder neu noch Rocket Science. Aber es bedarf 1. der bewussten Erkenntnis und 2. der bewussten Umsetzung um dafür 3. einen riesigen Impact auf das eigene Leben und den eigenen Erfolg zu haben. Und hier in Deutschland hat man damit noch dazu einen richtigen USP!
Noch was zum anspornen: Erfolg potenziert Erfolg; gibt man sich also positiv und geht mit der entsprechenden Einstellung durchs Leben, wirkt man erfolgreicher und wird damit auch erfolgreicher. Oder anders gesagt: Wenn man so tut als wäre man auf der Sonnenseite des Lebens, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man es auch wirklich ist. Ich bin damit ziemlich gut gefahren in den letzten Jahren!
Es lebe die kalifornische Oberflächlichkeit ?
Hallo Theresia,
super Artikel, dem ich nur zustimmen kann. Ich habe damals, als ich in den USA gelebt habe, die gleichen Erfahrungen gemacht. Am Anfang war die Freundlichkeit und das Angesprochen werden von völlig unbekannten Leuten noch etwas befremdlich aber hinterher habe ich die Freundlichkeit genossen, da sie einem einfach ein gutes, positives Gefühl gegeben hat. Selbst beim Joggen in unseren Viertel haben mir vorbeifahrende Nachbarn ein nettes „Weiter so!“ zugerufen. Und aus vielen Bekanntschaften sind langjährige Freundschaften entstanden, die ich sehr schätze.
Auch die Serviceorientierung und Kundenfokussierung der Amerikaner finde ich klasse und fehlt mir hier in Deutschland oftmals sehr.
Deshalb finde ich es besonders gut, dass du mit dem Artikel das Thema noch mal transparent gemacht hast ?
Danke, Diandra! Cool, ich wusste gar nicht, dass du auch länger dort warst – wo genau warst du? Die Frage, die ich mir immer stelle, ist: Wie wäre es, wenn meine Kinder die ersten Jahre komplett dort aufgewachsen wären? Meine beiden waren noch ganz klein, als wir zurück sind (1 und 2).. Was meint ihr? Hat jemand Kinder, die richtig lange in den USA gelebt haben? Werden sie dann „anders“ als Deutsche Kinder??