Karriere, Baby! (3/10)

3.    WIE VIEL ELTERNZEIT IST GUT FÜR MICH?

In Kürze: Es ist egal, wieviel Elternzeit man nimmt – solange man was draus macht.

Kind vs. Karriere ist Quatsch

Viele werdende Eltern zerbrechen sich vorab den Kopf darüber, wieviel Elternzeit denn nun gut ist und scheitern dann direkt am Tradeoff Kind vs. Karriere; das liegt an der Fehlannahme, dass für das Kind nur besonders viel, und für die Karriere nur besonders wenig Elternzeit förderlich seien. Ist aber de facto weder so noch so. Diese erste Erkenntnis sollte schon mal einiges an Entlastung bringen.

Man kann scheitern, weil man schon nach zwei Monaten im Job wieder auf der Matte steht, nebenher aber ständig abpumpen muss und sein Kind vermisst. Genauso gut aber kann man daran verzweifeln, über einen langen Zeitraum nicht ausgelastet mit dem Kind zuhause abzuhängen. Grundsätzlich ist +/- ein Jahr sicherlich schon mal nicht so schlecht als Orientierung. Ein Jahr gibt ausreichend Zeit, sich mit seinem Kind einzuleben, einige besondere Dinge zu tun, geht aber gleichzeitig schnell genug vorbei, so dass man im Job keineswegs vergessen wird. Dazwischen geht alles!

Einfach mal machen

Die perfekte Dauer gibt es nicht, genauso wie es beim Kinderkriegen nicht den perfekten Zeitpunkt gibt. Wenn ihr hinter eurer Entscheidung steht, wird im Job sowieso alles gut laufen. Außerdem kann man ohnehin nicht alles planen, und manchmal kommt es ganz anders als erwartet. Zu viele Unbekannte spielen hier eine Rolle: Ist das Kind easy-going oder ein Schreikind? Entwickelt die Karrierefrau plötzlich den mega Mutterinstinkt, oder fühlt sie sich schon nach einem Monat zuhause nicht mehr ausgelastet? All das lässt sich – insbesondere beim ersten Kind – einfach nicht vorhersehen.

Wie ich es gemacht habe

Meine erste Elternzeit hatte ich mal für ein Jahr angesetzt, einfach weil wir für ein Jahr in die USA wollten. Da wir dann um ein Jahr verlängern konnten und direkt Baby #2 hinterherkam, hat sich die Elternzeit für mich direkt auf zweieinhalb Jahre am Stück ausgedehnt. Das war keine besonders strategische, sondern eine ganz pragmatische Entscheidung; diese fiel mir zudem nicht besonders schwer, da ich in sunny California war und nebenher einen Master machte. Da ich sowieso zwei Kinder wollte, würde ich so zwar länger ausfallen, jedoch dann auch „durch“ sein und mir nicht bei meiner Rückkehr den Kopf zerbrechen müssen, wann denn nun der richtige Zeitpunkt fürs Zweite sei.

Pausen schaden nie

Als es schließlich so weit war, wurde ich doch ein bisschen panisch. So lange weg, ich wusste ja gar nicht mehr „wie das geht“; ich hatte noch nie mit Kindern gearbeitet und jetzt hatte ich direkt zwei bei einem Full-Time-Job. Doch selbst die zweieinhalb Jahre waren irgendwie ein Klacks. Eine Woche zurück im Job, und ich hatte das Gefühl, nie weggewesen zu sein. Klar, die eine oder andere Umstrukturierung war in der Zwischenzeit vonstattengegangen, der eine oder andere weg oder neu, doch sonst alles beim alten. Nach so langer Pause hatte ich wieder richtig Bock, loszulegen und mich reingehängt. Nach einem Jahr kam die Teamleitung, nach nicht mal zwei der Vice President Posten.

Planung und Organisation sind key

Ich glaube, das Wichtigste in der Anfangszeit nach meiner Rückkehr war die Organisation. Ich habe dafür gesorgt, dass alles zuhause und im Kindergarten funktioniert, und bin erst dann wieder arbeiten gegangen. Die ersten Monate hatte ich mit meinem Mann den Deal, dass er grundsätzlich zuhause bleiben würde, wenn die Kinder krank sind, so dass ich keinesfalls gleich zu Beginn als „Mutti“ auffalle. Da mag der eine oder die andere jetzt aufschreien, das gehört ja schließlich dazu. Stimmt, aber karrieretechnisch glaube ich trotzdem, dass es so förderlicher ist. Für ganz entscheidende Tage (= mein Mann und ich hatten beide superwichtige Termine) hatten wir immer ein Backup für den Fall, dass die Kinder krank werden könnten.

In der zweiten Elternzeit wäre ich nur etwa ein halbes Jahr zuhause geblieben, hätte ich den Job behalten. Wie wir den Rest gemanagt hätten weiß ich nicht, weil es nie so weit kam. Im Nachhinein sehe ich das aber etwas anders – jetzt, nachdem ich dieses tolle Jahr hinter mir habe. Eine solche Gelegenheit würde ich nie mehr hergeben. Was sind am Ende schon sechs Monate mehr?? Zu diesem Zeitpunkt dachte ich etwas anders: Ich hatte grade erst diesen tollen Posten bekommen, wenn ich jetzt länger ausfallen würde, könnte man ihn mir womöglich wieder wegnehmen, befürchtete ich.

Entscheidungsfindung

Auch bei der Elternzeit ist natürlich nichts in Stein gemeißelt, es genügt, wenn ihr zunächst eine grobe Vorstellung habt, also beispielsweise „möglichst kurz“ oder „etwa ein Jahr“. Das teilt ihr dann auch so eurem Arbeitgeber mit, denn es ist besser, eine Entscheidung zu revidieren, als ewig rumzudrucksen und keine Ansage zu machen. Im Folgenden präsentiere ich euch ein paar Faustregeln, die euch zu einer guten Entscheidung führen sollten:

#1: NUR IHR entscheidet!!

Haltet euch diese Tatsache immer wieder vor Augen. Es ist allein eure Elternzeit. Nicht die eures Arbeitgebers, auch nicht die eures Partners, und schon gar nicht die eurer Schwiegermutter. Ihr dürft nicht denken „Was wird von mir erwartet?“ sondern „Was will ich?“. Ein kleiner, aber feiner Unterschied!

#2: Vorbilder suchen

Schaut euch um in eurem Umfeld – in eurer Familie, bei euren Freunden, oder Social Media (Achtung, hier kann es zu gefakten Darstellungen kommen). Betrachtet andere Eltern von außen und schaut euch Dinge ab, die ihr genauso machen wollt, aber genauso was für euch nicht in Frage kommt. Das gibt Orientierung.

#3: NIE Job vor Familie stellen

Loyalität ist toll, aber am Ende ist es nur ein Job. Während eurer Abwesenheit wird sich das Rad weiterdrehen, und es kann passieren, dass der Chef, dem gegenüber ihr euch sooo verpflichtet fühlt, weil er euch ja schließlich die letzten Jahre so gefördert hat, in der Zwischenzeit ein besseres Angebot bekommt und die Firma verlässt. Er wird euch und eure Rückkehr tendenziell nicht in seine Entscheidungsfindung einbeziehen.

#4: Übergangsphase einplanen

Der Laden sollte fluppen, wenn ihr wieder zurück kommt. Das heißt Kinderbetreuung ist gesichert, und zwar so, dass das Kind auch solide eingewöhnt ist. Haushaltsarbeiten und co. sollten klar verteilt sein. Meine Empfehlung: Lieber einen Monat später zurückkehren und dafür so richtig und in Vollzeit, als möglichst früh und am Ende funktioniert es nicht. Als Übergangszeit empfehle ich mindestens einen Monat, besser zwei. Wenn dann alles viel schneller als erwartet läuft – umso besser, dann habt ihr noch ein paar Wochen mega Quality Time für euch (so wie ich grade zu diesem Zeitpunkt, zu dem ich das Buch schreibe).

#5: Bauchgefühl

Zu allerletzt müsst ihr euch gut fühlen mit der Entscheidung, und das sagt euch euer Bauchgefühl. Wobei ich aus Erfahrung mit drei Kindern einen kleinen Hinweis geben muss: Dieses Gefühl, das Kind abzugeben ist immer erstmal unangenehm. Selbst wenn ihr es herbeisehnt – sobald es soweit ist, werdet ihr doch plötzlich denken „Oh meine kleine Maus, sie ist doch noch soooo klein“. Doch der Trennungsschmerz wird genauso noch da sein, wenn ihr sie erst mit 6 in die Schule schicken würdet. Findet also eine Balance zwischen diesem total natürlichen Gefühl des Nicht-loslassen-wollens und dem Bauchgefühl, wann es Zeit ist, wieder arbeiten zu gehen.

Solltet ihr trotzdem unsicher sein, kann ein Coaching hilfreich sein. Hier kann die Entscheidungsfindung durch externe Anleitung erleichtert werden.

Fazit: Es ist völlig egal, wieviel Elternzeit ihr nehmt, solange ihr euch gut damit fühlt! Es ist geschenkte Zeit, und die könnt ihr optimal nutzen. Einige Anregungen wie das gehen kann findet ihr hier in diesem Buch.

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