Frauen in der Krise?

Wer trägt Schuld daran, dass wir Frauen karrieretechnisch die Verlierer der Krise sind? DAS System? DIE Gesellschaft? DAS Patriarchat? Diese Meinung könnte entstehen, wenn man aktuelle Beiträge in den sozialen Medien dazu liest. Das Thema Frauen in Führung ist essentiell, und ich finde es wichtig, es jetzt aktiv anzugehen. Gleichzeitig glaube ich, dass ein positiverer Ansatz wünschenswert ist. Es ist manchmal leichter, sich jammernd in die Passivität zu verabschieden, als selbst aktiv zu werden. Dabei ist es das, was wir jetzt brauchen! Mutige Frauen, die sich zeigen, Vorbilder, die vormachen, dass und wie Kinder und Karriere vereinbart werden können. Lasst uns die Krise lieber nutzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen, statt mit negativen Fakten, die vor Corona schon genauso waren, zu demotivieren. Denn die negativen Auswirkungen der Krise erleben gerade alle Eltern, Frauen wie Männer!
FRAUEN IN DER KRISE?

„Frauen sind die Verlierer der Krise“ – „mehr Home als Office“ – „die Entscheider in der Krise sind alles Männer“, das sind die aktuellen Schlagzeilen.

In den letzten Tagen habe ich einige dieser Leitartikel zum Thema Frauen in der Krise gelesen und darüber nachgedacht. Die Feststellungen sind richtig: Wir haben zu wenig Frauen in Führungs-, in Entscheider Positionen. Es macht auch Sinn, dieses Thema jetzt aufzubringen, denn Diversität ist gerade in Krisensituationen entscheidend. Chefärzte, Virologen, RKI-Repräsentanten, Politiker – wir sehen vornehmlich Männer im Fernsehen, das ist Fakt.

Werden die Frauen in die Home-Arbeit gedrängt?

Aber die Hypothese, dass die Frauen sich in die Home-Arbeit „drängen lassen“ möchte ich bestreiten. Von wem werden sie gedrängt? Von der Gesellschaft? Von der Politik? Von ihren Partnern oder gar von ihren Unternehmen?

Die aktuelle Situation ist für uns alle schwierig. Ganz besonders für diejenigen, die Kinder und gleichzeitig einen Job haben. Mütter wie Väter. Es gibt Arbeitgeber, die sind toleranter, andere machen es den Arbeitnehmern schwer. Unter diesen Rahmenbedingungen entscheidet also jede Familie den Umgang mit der Krise ganz individuell für sich selbst.

Die kleinste Einheit sind wir!

Aus meiner Sicht spielen hier genau zwei Menschen eine Rolle: Die Mutter und der Vater. Gemeinsam als Paar überlegt man, wie man diese Situation bestmöglich als Familie meistert. Sicherlich, es gibt Ehen, da drängt der vielleicht patriarchalische Ehemann die Frau dazu, zu Hause zu bleiben und die Kinder zu managen. Ist das die Regel in Deutschland? Ich glaube nicht. Die Entscheidung über ein Familien- und damit ein entsprechendes Berufsmodell ist im Normalfall schon viel früher gefallen.

Nicht jede Frau WILL Kinder und Karriere

Es gibt Familien, in denen die Frau den Großteil der Care-Arbeit übernimmt. Doch hat sie sich im Zweifel vielleicht sogar selbst dazu entschieden? Es ist ja kein Muss, dass jede Frau Karriere macht. Gilt übrigens auch für Männer. Wenn Familien sich zu traditionelleren Rollenmodellen entscheiden, ist das genauso gut wie jedes andere Modell. Denn Kinder und Karriere, das muss man auch wollen! Und zwar so richtig!

Alle ELTERN haben es schwer in der Krise

Mir ist vollkommen klar, dass es verschiedenste Gründe gibt, warum dies und jenes in dieser und jener Familie nicht funktioniert. Aber manchmal ist es auch einfacher, sich zu beschweren, als aktiv zu werden. Bei Instagram habe ich heute einen Post gelesen mit dem o.g. Zitat, darunter vornehmlich Kommentare à la „Ja, wir haben es echt verdammt schwer“. Ja, das mag sein, doch finde ich, dass es jeder Mann mit Kindern aktuell genauso schwer hat!

Negative Schlagzeilen wirken demotivierend

Das problematische an diesen Verallgemeinerungen ist aus meiner Sicht die eher negative Herangehensweise. Natürlich, da gibt es all die Zahlen, Fakten Statistiken zu Frauen in Führung, und die sehen noch immer nicht besonders rosig aus bei uns in Deutschland. Aber schlussendlich wirken solche Schlagzeilen demotivierend. Die Versuchung ist groß, sich der Krise hinzugeben. Oder, noch schlimmer, der Krise die Schuld zu geben für Missstände, die nun mal vorher schon genauso da waren.

Da draußen sind all die Kämpferinnen und Kämpfer, die sich seit Jahren für Frauen, für mehr Gleichberechtigung, für mehr Diversität in den Führungsetagen einsetzen. Aber da gibt es auch mindestens so viele Mitläufer, die gerne jammern, die in passiver Beschwerdehaltung ausharren. Negative Schlagzeilen in diesem Umfeld demotivieren. Sie senden falsche Signale, suggerieren einem vielleicht sogar, dass man ja sowieso nichts ändern kann. Das System. Die Gesellschaft. Das Patriarchat. Die Politik.

Ich möchte deren Macht nicht verharmlosen. Trotzdem kann man ihnen nicht für alles pauschal die Schuld in die Schuhe schieben.

Wir können Vorbilder sein

Ich plädiere daher für einen anderen Ansatz, einen proaktiven! Natürlich können wir das System nicht ändern, können nicht über Nacht bessere Betreuungsmöglichkeiten herbeizaubern. Aber wir können bei uns selbst einen Anfang machen. Wir können uns reinhängen, können zeigen, dass sie funktionieren kann, die Sache mit der Vereinbarkeit. Wir können Vorbilder sein, können motivieren und inspirieren! Wir können eben DOCH etwas bewirken!

Ich kenne viele tolle Frauen, die Familie und Karriere erfolgreich vereinbaren. Von keiner dieser Frauen habe ich in den letzten Wochen gehört, dass sie sich in die Home-Arbeit gedrängt fühle. Im Gegenteil, sie alle haben, gemeinsam mit ihren Partnern, ein Modell entwickelt, wie sie die aktuelle Situation gemeinsam meistern. Sie alle WOLLEN den Erfolg – vor Corona genauso wie jetzt. Mit diesem unbedingten Willen, sein Modell durchzuziehen, gelingt das auch, davon bin ich überzeugt.

Jede Frau wählt ihren Weg selbst

Wirklich im Wege stehen wir Frauen uns oftmals selbst. Veraltete Glaubenssätze, vermeintliche Erwartungen von außen – am Ende kommt der Druck nicht selten von einer übersteigerten Erwartungshaltung an unsere Mutterrolle. Versteht mich nicht falsch, ich schätze diese Frauen sehr, die aus eigener Überzeugung sich voll dem Mutterdasein hingeben. Aber können wir erwarten, dass diese Frauen ausgerechnet jetzt, in der Krise, die großen Karrieresprünge machen?

Kinder, alte und kranke Menschen, Frauen – die Verlierer der Krise?

Sicherlich ist da etwas dran. Aber im Gegensatz zu den ersten beiden Gruppen können wir aktiv werden! Es ist super wichtig, jetzt von der Politik entsprechende Strategien zu fordern, wie wir wieder zurück in ein normales Leben können. Konzepte zur Kinderbetreuung in Zeiten von Corona. Aber das betrifft Väter wie Mütter gleichermaßen! Noch wichtiger ist es, dass wir weiter daran arbeiten, dass es mehr positive Beispiele gibt. Erfolgreiche Frauen mit Außenwirkung. Die sich nicht hinstellen und sagen, wie hart der Kampf war und dass es sich nicht lohnt. Sondern die ermutigen, andere Frauen mitnehmen.

Wir müssen uns jetzt gegenseitig unterstützen, Best Practices austauschen, gegenseitig pushen, Netzwerke bilden. Das beste Beispiel dafür sind die Working Moms. Ich kenne nicht jede einzelne der deutschlandweit mehr als 500 Frauen; aber ich weiß, dass jede einzelne dieser Frauen eine Powerfrau ist, eine Frau, die andere Frauen unterstützen möchte, die vorlebt, wie Kinder und Karriere funktionieren können. Wir alle sind Vorbilder für junge Frauen. Wenn wir uns „multiplizieren“, und nur dann, können wir eines Tages wirklich etwas verändern. Denn dann sitzen da irgendwann die Entscheiderinnen, Top Managerinnen, Politikerinnen.

Aber wir müssen das auch wollen. Nur die Kombination aus Mut und einem sehr starken Willen, mit der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen wird den gewünschten Erfolg bringen. Die Rahmenbedingungen jedoch sollten unabhängig vom Geschlecht geschaffen werden – das hat nichts zu tun mit Frau oder Mann, hier geht es um Eltern! Also lasst uns nicht die Krise als Ausrede missbrauchen, warum manche Frauen karrieretechnisch nicht weiterkommen. Lasst uns lieber Gas geben!

Ich persönlich habe für mich vier konkrete Erfolgsfaktoren identifiziert:
  1. Der richtige Partner: der Grundstein für ein funktionierendes Familienmodell. Egal wie dieses aussehen mag – offene Kommunikation, und zwar von Anfang an, ist key!
  2. Erziehung unserer Kinder: unseren Töchtern, genauso aber unseren Söhnen können wir Gleichberechtigung jeden Tag vorleben. Was es dazu braucht?
  3. Vorbild sein! Sich zeigen, mutig sein, Rabenmutter-Gelaber einfach überhören. Sein Ding machen.
  4. Wille! Mit dem Willen zum Erfolg kommt das Einfordern von ganz allein; Frauen mit einem starken Willen bekommen solche Situationen hin, einfach weil sie es wollen.

Was mir wichtig ist: Dieser Artikel soll zum Nachdenken anregen, darüber, ob wirklich DIE Krise, DIE Gesellschaft oder DAS Patriarchat Schuld haben an der schlechten Vertretung von Frauen in Entscheider Positionen. Ich persönlich mag eine positive und aktive Herangehensweise mehr, als ein reaktives sich-gegenseitig-bedauern. Nicht mehr und nicht weniger.

Eine Antwort auf „Frauen in der Krise?“

  1. Hallo Theresia,
    das ist ein super gut geschrieber Artikel. Und ich stimme Dir völlig zu. Mal unabhängig von Corona, mache ich in meinem Umfeld mehr und mehr die Erfahrung: die Frau, die Karriere machen möchte, macht sie auch. Bekommt auch oftmals ein Kind, und entscheidet sich dann bewusst gegen ein zweites, weil es ihr zu anstrengend ist. Viele wollen keine Karriere machen, obwohl sie es bestimmt könnten. Aus meiner Sicht ist alles eine Einstellungssache, Organisations -Sache und wie du schreibst, die Frage des richtigen Partners.
    Bleibt gesund!!!

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