Was nicht tötet, härtet ab

NIEDERLAGEN inspirieren!

Wie ihr Niederlagen nicht nur überlebt, sondern auch noch nutzt! Meine ganz persönlichen Beispiele und Strategien im Umgang mit ihnen.

Ich war sowas von am ausrasten! Nach drei Stunden Ups und Downs, 15 AirBnB-Nachrichten und 20 WhatsApps am heiligen Sonntagmorgen, schließlich die Nachricht „Sorry, aber wir werden Ihre Unterkunft nicht mieten. Danke für Ihre Freundlichkeit“. Die letzten Gäste unseres Ferienhäuschens in der Provence waren gerade abgereist, da kam am Morgen die Anfrage für den selben Tag, 17:30, eine Familie mit Kind plus Baby. Das Haus vor einem Monat gekauft, gerade neu auf AirBnB und im Mai noch nicht vermietet – da wollte ich alles richtig machen. Ich habe alles in Gang gesetzt, unseren Verwalter vor Ort verrückt gemacht, ein Babybett aufgetrieben und meine Familie vernachlässigt weil ich am Handy hing, um sämtliche Fragen prompt und freundlich zu beantworten und damit die Gäste zu gewinnen. Und dann das.

Ich fühlte mich enttäuscht, klein, dumm, verarscht und war vor allem wütend auf mich selbst. Niederlagen sind scheiße. Mich nerven Leute, die jammern, und ich schreibe auch lieber über Positives, denn ich möchte motivieren und inspirieren, und nicht herunterziehen. Aber Niederlagen sind ein mega wichtiger Faktor im Leben und das Beste: Sie bringen einen richtig weiter! Vorausgesetzt, man erkennt sie als solche und wendet dann bewusst ein paar gute Strategien an. Meine ganz persönlichen stelle ich euch hier vor mit der Intention, dass ihr sie für euch nutzen könnt und damit ein kleines bisschen zufriedener und erfolgreicher werdet.

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“

Laut Wikipedia ist eine Niederlage „das Unterliegen bei einer Auseinandersetzung“. Fragt sich, mit wem man sich auseinandersetzt. Interessante Selbsterkenntnis: Meist mit sich selbst! Gerade perfektionistische und sehr ehrgeizige Menschen haben wahrscheinlich noch mehr Niederlagen als andere, denn sie kämpfen mehr Schlachten. Man möchte am liebsten alles gewinnen, aber das geht eben oft nicht. Im Negativen äußert sich das dann durch Burnout oder Depressionen. Im Positiven aber gewinnt man dadurch an Erfahrung, wird gelassener und entspannter. Niederlagen machen stärker, machen zu einer Persönlichkeit. Und Menschen bereuen nachgewiesenermaßen seltener, etwas getan zu haben und dabei gescheitert zu sein, als etwas nicht probiert zu haben.

 

Ich unterscheide drei Arten von Niederlagen: kleine, mittlere und große, die meist in absteigender Häufigkeit auftreten. Große sind oft devastating, aber auch eine Menge von Mini-Niederlagen kann die eigene Stimmung krass runterziehen.

Große Niederlagen

Richtig krasse, persönliche Niederlagen kommen eigentlich gar nicht so oft vor (Schicksalsschläge zählen nicht dazu). Das können im beruflichen Umfeld ein Jobverlust sein oder das Scheitern in einem Assessment Center. Oder im Privaten die Trennung vom Partner.

Mein Beispiel:

Ich hatte in meinem Leben bisher eine solche Niederlage, und zwar das Scheitern meines Medizinstudiums in Frankreich. Während des Abis hatte ich mir nicht ernsthaft Gedanken gemacht, was ich eigentlich  studieren wollte, geschweige denn über NCs für bestimmte Studienfächer. Ich überlegte mir kurzentschlossen, Medizin zu studieren, wobei sich der NC gerade Richtung 1 bewegte. Zunächst wollte ich „Warten“, als die Wartesemester allerdings anstiegen statt sanken, entschied ich mich einfach, nach Straßburg zu gehen. Dort gabs keinen NC, jeder wurde erstmal zugelassen und dann im „Concours“ ausgesiebt – nur die besten 10% (i.e. 100 von 1000) kamen ins nächste Semester. Etwas naiv stellte ich mich der Challenge Medizinstudium mit fünf Jahren Schulfranzösisch. Immerhin qualifizierte ich mich als Einzige der deutschen Crew zum Wiederholen, aber nach dem 2. Jahr verpasste ich auf Platz 200 wieder das Weiterkommen und das wars dann. Der Anerkennungsprozess für Deutschland war langwierig, und ich stand drei Jahre nach meinem Abi ohne irgendwas da. Zusätzlich gehören meine Eltern noch zu einer Generation, in der ein straighter Lebenslauf der einzige Weg zum Erfolg ist.

Strategie:

In Kürze: Ich habe drei Tage im Bett gelegen und geheult, überzeugt von der Annahme, mein Leben sei jetzt zerstört. Dann bin ich aufgestanden, habe mithilfe meines Freundes und meiner Eltern überlegt, was ich noch alles gut kann und mich für International Business in Mainz beworben. Über Studienkollegen kam ich an einen super Nebenjob bei der Lufthansa am Flughafen und von da an fluppte es. Als der Anerkennungsbescheid für Medizin kam, mit welchem ich mich fürs 3. Semester in Deutschland hätte bewerben können, war ich schon komplett aufgegangen in meinem Studium.

Ich glaube, bei derartigen Niederlagen ist es nicht nur legitim, sondern macht auch durchaus Sinn, sich seiner Enttäuschung für einen bestimmten Zeitraum hinzugeben. Einfach mal heulen, wütend sein, sich abreagieren. Optimalerweise allerdings ohne dabei anderen die Schuld zu geben.
Und dann hilft je nach Situation eine längere Auszeit, eine Reise – ob Wellness oder Selbstfindung oder Studienreise. Hauptsache Ablenkung und raus, am besten in Kombination mit ganz anderen Menschen.

Um sauber abschließen zu können, ist eine Reflexion super hilfreich. Habe ich bei dieser Geschichte damals nicht gemacht, eigentlich erst so in den zehn Jahren danach (mit Anfang 20 ist man noch nicht so selbstreflektiert ?). Im Nachhinein hätte ich diese Niederlage vielleicht kommen sehen können bzw. wenn ich meinem 20-jährigen Ich heute einen Ratschlag geben könnte, dann diesen: Leg dir immer einen Plan B zurecht! Wahrscheinlich war das – wenn auch erstmal unbewusst – mein größtes Learning aus der ganzen Chose (neben der Tatsache, dass ich jetzt ziemlich gut Französisch spreche). Ich habe für alle Lebenslagen eine Alternativlösung in petto!

 

Mittlere Niederlagen

Die können ganz schön stressen und während sie passieren denkt man mitunter schon mal, es handele sich um eine große. Meine AirBnB Story würde ich dazu zählen. Oder wenn man plötzlich merkt, dass man im Job einen dummen Fehler gemacht hat. Oder wenn ein geplantes Meeting oder Treffen nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hatte.

Mein Beispiel:

Ist eben grade wieder passiert. Ich habe mich bei einem Unternehmen beworben, auf das ich echt Bock hätte. Mein Profil passt perfekt (finde ich). Nicht mal drei Tage, und ich habe eine Absage in der Inbox, und dann noch so eine standardisierte inklusive Hinweis, dass ich nicht antworten darf.
Ich wollte eh nur mal testen, und sowieso ja auch frühestens Ende des Jahres wieder richtig einsteigen. Und meine Gehaltsvorstellung war bestimmt auch zu hoch. TROTZDEM, es nervt mich mega. Ich fühle mich gedemütigt und nicht wertgeschätzt – mein Schattenkind ist verletzt! (Falls noch jemand grade das Buch von Stefanie Stahl liest ?).

Strategie:

Zum Glück habe ich für genau solche Fälle eine super Checkliste erarbeitet, die ich „nur“ abarbeiten muss und alles ist wieder gut. Hört sich einfach an? Ist es auch! Wäre ich mal früher draufgekommen.. Ich teile sie daher gerne! Ich schwöre, es hilft. (Wenn nicht, ruft mich an!)

1.       NICHT REAGIEREN (keine Kurzschlussreaktionen, -emails etc.)

2.       AUSKOTZEN – bei einer engen Vertrauensperson (Ehemann, beste Freundin..), nie bei einem involvierten Kollegen o.ä.

3.       RAUSGEHEN – frische Luft, körperliche Bewegung, Ablenkung

4.       REKAPITULIEREN und VERARBEITEN – was habe ich gelernt, was würde ich beim nächsten Mal anders machen, wie könnte man angemessen reagieren

5.       Weiterhin NICHT HANDELN und eine Nacht drüber schlafen

6.       a) Falls notwendig mit kühlem Kopf und wohlüberlegt reagieren
          b) Vergessen und am nächsten Tag drüber lachen

Das funktioniert wirklich immer.
In meinem Fall bedeutete das also: Ich widerstand dem Impuls, sofort dort anzurufen und zu fragen, was das soll. Ich rief bei meinem Mann an, regte mich furchtbar auf und heulte ein bisschen. Ich packte mein Kind ein, ging im Wald spazieren und hörte währenddessen den RoleModels Podcast. Ich habe mir ganz rational überlegt, dass ich mich ja schließlich auf eine bestimmte Stelle beworben habe, und die passte vielleicht wirklich nicht so optimal auf mein Profil. Außerdem habe ich grade noch so viele Ideen und es gibt so viele tolle Unternehmen, mit denen ich in Kontakt bin. Am nächsten Tag habe ich eine freundliche Email geschrieben, mich bedankt und bekundet, dass ich trotzdem weiterhin Interesse am Unternehmen habe.
Das ist jetzt drei Tage her, in der Zwischenzeit war ich auf einer tollen Jobmesse (Women&Work, Blogeintrag dazu coming soon) und ganz neue Opportunities plus mega Feedback zu meinem Lebenslauf.

 

Kleine Niederlagen

Sie passieren ständig oder zumindest regelmäßig, wenn man einigermaßen abenteuerlustig, experimentier- oder risikofreudig ist. Treten sie gehäuft auf, kann das krass runterziehen. Sie sind aber auch wichtig, denn das Gute im Leben kann man nur bewusst erkennen und schätzen, wenn man das Schlechte kennt.
Key ist bei kleineren Niederlagen, diese bewusst zu erkennen.

Meine Beispiele:

Ich habe vergessen, die Mülltonne rauszubringen – die Windeln quellen über und wir haben erst in zwei Wochen wieder die Gelegenheit.

Ich freue mich aufs Weintrinken am Abend – meine Freundinnen sagen alle kurzfristig ab.

Auf der Karrieremesse komme ich freundlich grüßend an den Stand eines großen Unternehmens – die Tante ist unfreundlich und überheblich und behandelt mich wie eine dumme kleine Praktikantin.

Ich habe einen Tagesplan – er erfüllt sich zu 0%.

 

Strategie:

Wie gesagt, bevor sich die schlechte Stimmung ernsthaft festsetzt, muss man sich auch bei solchen Kleinigkeiten bewusst machen: Das war grade eine Mini-Niederlage, und ich ärgere mich darüber. Hat man diese Erkenntnis, muss man sich nur ein paar Fragen beantworten und rational überlegen: Was ist das Allerschlimmste, was deshalb passieren kann? (die Antwort wird meist sein: „Ich ärgere mich/bin enttäuscht.“)
Wen interessiert dieses Malheur (außer mir selbst)? ( Antwort: meist niemanden)
Was ist mir wirklich wichtig im Leben bzw. hätte ein anderer Verlauf der Dinge irgendwas essentiell an meinem Leben/Glück geändert?
Gehört diese Angelegenheit zu den Dingen, an die ich mich noch ein Leben lang erinnern werde?

Die Fragen werdet ihr ausnahmslos mit Nein beantworten. Und weil es sich nur um eine kleine Niederlage handelt, bei der nichts passieren kann, die keinen interessiert, könnt ihr sie einfach direkt vergessen und unter ärgerlich, aber was solls verbuchen.

Das kann man üben. Klar klappts nicht immer, aber im Selbstversuch bin ich in den letzten Jahren immer ein bisschen besser darin geworden.

 

Niederlagen eröffnen neue Möglichkeiten

Es geht bei Niederlagen aber nicht nur darum, sie möglichst zu umgehen bzw. Strategien zu entwickeln, sie zu handlen. Niederlagen sind super wichtig für die persönliche Weiterentwicklung. „Aus Fehlern lernt man“ ist ein altes Sprichwort, welches aber immer passt. Versucht also jede kleinere und größere Niederlage für euch zu nutzen! Je mehr, desto besser, denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Für den beruflichen Erfolg ist der Umgang mit Niederlagen übrigens auch ganz entscheidend; wer sich Fehler eingestehen kann und daraus sogar noch Learnings mitnimmt, wird es sicherlich ganz weit bringen.

Mein persönlich wichtigstes Takeaway von Niederlagen: Sie öffnen einem neue Möglichkeiten, auch wenn man das oft erst Jahre später realisiert.
Ich werde immer wieder gefragt, ob ich diese Frankreich-Geschichte oder dass ich nicht Medizin studiert habe bereue; meine Antwort: Wenn damals nicht alles genau so gelaufen wäre, wäre ich heute nicht genau da, wo ich jetzt bin (und da ist es ziemlich gut!!!).

3 Antworten auf „Was nicht tötet, härtet ab“

    1. Danke, Franziska! Ich freue mich, dass ich dich inspirieren konnte und hoffe, dass du es für dich nutzen kannst! Liebe Grüße, Theresia

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