Führen in der Krise

Führen ist eine Non-stop-Challenge – in der Krise erst recht! In diesem Artikel geht es um die Widersprüchlichkeit unserer inneren Stimmen und wie wir als Führungskräfte trotzdem angreifen können. Es geht um die negativen Faktoren Unsicherheit, wenig Erfolge und wenig Feedback, die uns bremsen. Und ich teile mit euch meine zehn ganz persönlichen Erfolgsfaktoren, wie ich mich als Führungskraft in Krisenzeiten immer wieder motiviere und meine Balance finde. Mein Ziel: euch zu zeigen, dass es grade allen so geht, und euch zu inspirieren und zu motivieren ?

Motiviere dein Team – aber ohne Druck auszuüben!

Lass nichts unversucht – aber priorisiere!

Mach Umsatz – aber triff deine Kunden nur im Ausnahmefall!

Handle unternehmerisch – aber halte dich an die Regeln!

Sei mutig – aber lehn dich nicht zu weit aus dem Fenster!

Gib Vollgas – aber häng dabei bloß keinen ab!

Kenne dein Team und deine Zahlen genau – aber behalte das Big Picture immer im Blick!

Kümmere dich um jeden einzelnen – aber betreibe kein Micro-Management!

Sei stark – aber bleib dabei unbedingt nahbar!

Sei anders als alle anderen – aber pass dich bitte an!

Sei sichtbar – aber dränge dich nicht zu sehr in den Vordergrund!

Achte auf dich selbst – aber vergiss dabei nicht die Verantwortung, die du für die anderen trägst!

Sei authentisch – aber denk dabei an deine Rolle!

Riskiere mal was – aber analysiere die Situation vorher genau!

Mach auch mal Fehler – aber nur solche, die keine Auswirkungen haben!

Sag deine Meinung – aber mach dir dabei keine Feinde!

Linkes Ohr – rechtes Ohr

Ein einziger Balanceakt, ständige Tradeoffs, in der Krise fühlt sich Führung oft so an. Die inneren Stimmen hören selten auf zu diskutieren, auch wenn ich merke, dass sie mit wachsender Erfahrung und dem einhergehenden wachsenden Selbstbewusstsein leiser werden. Die linke Seite nimmt peu-à-peu Überhand, aber ich denke, es gibt wenige Manager, bei denen die rechte vollkommen verschwunden ist.

Wenig Erfolge, wenig Feedback, viel Unsicherheit

Insbesondere jetzt, da wir eine Situation haben, die so einfach noch nie dagewesen ist. Wir können dann manchmal einfach nicht auf unsere Erfahrungen bauen. Wir können nur die für uns in diesem Moment richtig erscheinenden Entscheidungen treffen.

Hinzu kommt, dass Erfolge aktuell eher ausbleiben. Im Vertrieb bedeutet Erfolg gute Kundenprojekte, Themen, die wir aktiv mit unseren Kunden angehen, Themen, die Umsatz bringen. Klar, die Zahlen sind gerade (abgesehen von ein paar Ausnahme) quer durch die Wirtschaft eher schlecht. Trotzdem wirken negative Zahlen demotivierend, das ist nun mal so.

Weiterhin fehlt in Zeiten von Homeoffice manchmal das Feedback. Wir kommunizieren, wir machen und tun, bekommen aber keine direkte Resonanz. Wir hängen uns rein, wir telefonieren stundenlang, aber wir sehen in den meisten Fällen nicht in die Gesichter, mit denen wir sprechen. Die Fähigkeit vieler guter Führungskräfte, ein Gespür für andere Menschen und deren Befinden zu haben, kann nicht voll ausgeschöpft werden. Ich spreche jeden Morgen 30 Minuten zu einem Screen mit vielen Passfotos und mein Ziel ist es, die dahinter sitzenden, „echten“ Menschen zu motivieren. Ob mir das gelingt, weiß ich manchmal gar nicht.

Wir sollten lernen, mit Corona zu leben

Und dann ist da die große Unsicherheit. Keiner weiß wie es weitergeht. Sprachen wir am Anfang noch vom „Tag X“, dem Tag, an dem alles wieder normal ist, wir unsere Kunden und uns selbst persönlich treffen können, wir wieder soziale Kontakte haben und reisen können; doch nach und nach festigt sich die Erkenntnis, dass dieser Tag nicht kommen wird. Irgendwo las ich diese Schlagzeile: „Wir sollten lernen, mit Corona zu leben“ – und ich glaube das ist es.

Wir sollten die Lage akzeptieren, so wie sie ist, und das Beste daraus machen. Denn andernfalls sitzen wir wahrscheinlich noch Ende des Jahres da und warten. Ein großer Vorteil dieser Herangehensweise: Proaktivität gibt uns ein Stück Kontrolle zurück. Wir haben das Gefühl, wieder etwas selbst in der Hand zu haben.

Angreifen!

Das ist mein persönliches Geheimrezept. Manchmal können schwierige Situationen lähmen; je länger man grübelt und sich runterziehen lässt, umso schlimmer erscheint alles, umso drückender die Last. Immer wenn es mir so geht, wenn ich mich am liebsten unter der Bettdecke verstecken würde, weil eine Situation so ausweglos erscheint, denke ich an meinen Papa ? Der hat dann immer zu mir gesagt: „Du musst angreifen!“ Andere nennen es vielleicht den Stier bei den Hörnern packen. Am wichtigsten ist es auf jeden Fall, in eine Aktivität zu kommen.

Es gibt kein richtig oder falsch.

Die Erkenntnis, dass die oft widersprüchlichen Stimmen in mir wirklich größtenteils meine eigenen sind, habe ich ehrlich gesagt erst vor kurzem so richtig erlangt. Es gibt nicht richtig oder falsch, DIE richtige Herangehensweise oder Entscheidung. Es gibt Rahmenbedingungen, an die man sich halten muss; keinem anderen wehtun oder grob fahrlässig handeln. In einem Konzern gibt es sicherlich noch ein paar mehr Eckpfeiler. Aber alles dazwischen kann jeder für sich ganz alleine entscheiden. Und dann entsprechend die Verantwortung dafür übernehmen. Es wird Entscheidungen geben, die man im Nachhinein vielleicht anders fällen würde, die in diesem Moment aber eben als die richtige erschienen. Nicht mehr und nicht weniger.

Das heißt im Übrigen nicht, dass ich mir nicht andere Meinungen einhole – im Gegenteil. Ich hole mir in schwierigen Zeiten Inputs, und zwar möglichst divers. Ich betreibe Cherry Picking: Schaue mir positive Eigenschaften und Verhaltensweisen bei anderen ab, nutze Ratschläge für mich. Doch dann sondiere ich und am Ende bilde ich mir meine eigene Meinung.

So motiviere ich mich

Die letzten Wochen waren für mich manchmal ganz schön anstrengend. Und es gab auch Situationen, da fühlte ich mich ziemlich demotiviert. Wie oben geschrieben, wenig Feedback, wenig Erfolge und eine große Unsicherheit, hervorgerufen durch die gesellschaftliche Gesamtlage, sorgen manchmal für schlechte Stimmung, wirken lähmend. Da wir aber aus meiner Sicht jetzt genau das Gegenteil brauchen, nämlich starke Führungskräfte, die motivierend vorangehen, teile ich hier meine zehn ganz persönlichen Erfolgsfaktoren:

  1. Feedback aktiv einfordern! Bekomme ich nicht automatisch Feedback, dann frage ich eben danach – bei meinem Team, meinem Chef, meinen Kollegen
  2. Ansprechen statt grübeln! Darüber reden hilft immer – mit Kollegen, Mentoren, Freunden, Familie
  3. Sich über jeden (kleinen) Erfolg freuen! Jeden Tag führen wir gute Kundengespräche, auch wenn es digital ist. Und jeden Tag schließen wir erfolgreiche Projekte ab. Jeden Tag wachsen wir als Team enger zusammen.
  4. Eine Nacht drüber schlafen! Egal, ob ich einen Konflikt habe oder demotiviert bin, nicht handeln und erstmal ablenken (z.B. Sport) und eine Nacht drüber schlafen hilft immer.
  5. Keine Angst vor Fehlern haben! Siehe oben, das ist manchmal gar nicht so leicht. Ich male mir dann immer das Worst-Case-Szenario aus: Was wäre das Schlimmste, was passieren könnte; und das ist meist gar nicht so schlimm!
  6. Geduldig sein! Und zwar mit sich und anderen. Das fällt mir leider oft äußerst schwer. Hier hilft manchmal nur der externe Impuls von anderen, aber auch den kann man sich aktiv einholen!
  7. Dankbar sein! Es ist eine abgedroschene Floskel, grade in diesen Zeiten: „Sei froh, dass du gesund bist!“ Wir alle wissen, dass es zu einem glücklichen Leben doch noch etwas mehr braucht; dennoch hilft es mir, jeden Tag aufzuzählen, wofür ich alles dankbar sein kann.
  8. Selbstreflexion! Das ist eine Eigenschaft, die eher wenigen Menschen einfach so in die Wiege gelegt wurde. Aber auch eine, die man lernen kann. Ich konnte mich da in meiner Coach-Ausbildung um einiges weiterentwickeln. Man muss sich vielleicht nicht ständig, aber doch regelmäßig selbst hinterfragen.
  9. Perspektive wechseln! Wenn ich irgendwo „stuck“ bin, versetzte ich mich immer in die Lage meines Gegenübers: „Was würde ich mir jetzt von meiner Chefin wünschen, wenn ich er/sie wäre?“
  10. Bewegung und Natur! Ob „richtiger“ Sport oder einfach nur im Wald laufen, es funktioniert immer. Man muss nur den Schweinehund überwinden bzw. sich auch im Homeoffice zu solchen Pausen zwingen. Und sofort ist man wieder viel kreativer und entdeckt neue Ansatzpunkte und Perspektiven.

Funktioniert im übrigen auch alles in Nicht-Krisenzeiten, genauso wie die inneren Trade-Offs natürlich ständig präsent sind.

Wie motiviert ihr euch und eure Teams?

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